Wer in Freiburg eingebürgert werden will muss aktuell 1 Jahr und 3 Monate warten, um überhaupt erst einen Termin zu bekommen.

Diese Wartezeit muss in Zukunft deutlich verkürzt werden. Auf Anregung eines Bürgers haben wir bei der Stadtverwaltung nachgefragt, warum die Verfahren sich so lange verzögern und was geplant ist, damit Einbürgerungen in Zukunft schneller vonstatten gehen. Hier dokumentieren wir die Antworten der Verwaltung auf unsere Fragen:

Sehr geehrter Herr Stadtrat Sumbert,

wir kommen auf Ihre Anfrage vom 18.07.2022 und unsere Zwischennachricht vom 05.08.2022 zurück und können Ihre Fragen hinsichtlich der Einbürgerungsverfahren wie folgt beantworten:

  1. Wie lange ist aktuell die Wartezeit, um einen ersten Termin für die Einbürgerung bekommen zu können?

Aktuell beträgt die Wartezeit 1 Jahr und drei Monate.

  1. Wie lange dauert durchschnittlich die Bearbeitung eines Antrages auf Einbürgerung?

Wie lange dauert das komplette Verfahren von Antragstellung bis zur Einbürgerung durchschnittlich?

Einbürgerungsverfahren erfolgen auf der Grundlage des Staatsangehörigkeitsrechts. Über eine durchschnittliche Dauer lässt sich keine pauschale Aussage treffen. Jedes Verfahren muss individuell betrachtet werden und erfordert einen unterschiedlichen Aufwand. Anträge können, wie im Falle von Staatsangehörigen der Europäischen Union, in einigen Monaten entschieden werden, aber wenn rechtliche Hindernisse wie sicherheitsrelevante Aspekte oder etwa die umfangreiche Prüfung ärztlicher Gutachten hinzukommen, kann es ein bis zwei Jahre oder länger dauern.

  1. Wie hoch ist die Zahl der Anträge, die derzeit nicht bearbeitet werden können?

Aktuell werden etwa 1200 laufende Einbürgerungsverfahren chronologisch nach Datum der Antragstellung abgearbeitet. Bei Notfällen, d. h. wenn Konsequenzen wie Arbeitsplatzverlust oder Staatenlosigkeit drohen, werden Anträge priorisiert. Außerdem sind etwa 340 Terminanfragen offen.

  1. Wie läuft das Verfahren zur Einbürgerung ab? Welche Schritte sind notwendig von der Beantragung bis zum Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft?

Das Verfahren zur Einbürgerung von der Antragstellung bis zum Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit beinhaltet folgende (Prüf-)Schritte:

– Abnahme Bekenntnis- und Loyalitätserklärung

– Prüfung Sprachkenntnisse und Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung

– Prüfung der Lebensunterhaltssicherung und Altersvorsorge (bei Leistungsbezug Prüfung, ob unschädlich)

– Prüfung Aufenthaltszeit und der Verkürzungsmöglichkeiten sowie Aufenthaltsrecht

– Prüfung von Vorstrafen oder laufenden Ermittlungs-/Strafverfahren

– Identitätsprüfung (bei unzureichenden Identitätsdokumenten) auch mit Klärung, inwiefern Dokumente über den Herkunftsstaat beschafft werden können

– Prüfung vorgelegter fachärztlicher Gutachten

– Auswertung der Ausländerakten

– Sicherheitsanfragen bei LKA / LFV: bei sicherheitsrelevanten Erkenntnissen muss in der Regel ein Einbürgerungs-gespräch mit den Antragstellenden stattfinden, in dem die Ernsthaftigkeit der abgegebenen Loyalitätserklärung überprüft werden soll

– Anforderung aktueller Unterlagen je nach Verfahrensdauer

– Erteilung einer Einbürgerungszusicherung für Personen, die ihre Staatsangehörigkeit aufgeben müssen (für die Entlassung beim Heimatstaat notwendig)

– Ausstellung und Aushändigung der Einbürgerungsurkunde

Konkrete Prüfschritte und notwendige Unterlagen sind individuell unterschiedlich und unter anderem auch abhängig von der Rechtsgrundlage, dem Alter der Antragstellerin/ des Antragstellers und davon, ob weitere Personen miteingebürgert werden. Eine um-fassende Darstellung aller möglichen Konstellationen ist daher kaum möglich.

  1. Welche Maßnahmen sind geplant, um die Bugwelle an Anträgen zeitnah abarbeiten zu können? Plant die Verwaltung im Rahmen des neuen Doppelhaushaltes weitere Stellen einzurichten?

Die Verwaltung ist grundsätzlich laufend dabei, Arbeitsabläufe zu überprüfen und Prozesse zu optimieren. Im Bereich der Einbürgerung bestehen durch die gesetzlich geregelten Verfahren und deren Prüfschritte aber nur wenig Spielräume diesbezüglich.

Zur personellen Stärkung des Einbürgerungsbereichs wurden dem Amt für Migration und Integration im Juni 2022 zwei zusätzliche Vollzeitkräfte zunächst zeitlich befristet für 2 Jahre genehmigt (davon eine Stelle als Sachbearbeitung im gehobenen Verwaltungsdienst in A10 / EG 9c und eine Stelle als Sachbearbeitung im mittleren Dienst in A8 / EG 9a, als Vorgriff auf den Doppelhaushalt 2023/2024).

Für die Besetzung der Stelle im mittleren Dienst konnte bereits eine Mitarbeiterin des Amtes gewonnen werden. Diese wird im Rahmen einer Abordnung ab 01.09.2022 die Einbürgerung unterstützen. Die Optionen zur Besetzung der Stelle im gehobenen Dienst werden derzeit zwischen dem AMI und dem Haupt- und Personalamt abgestimmt. Sofern kein städtisches Personal (z. B. Berufsstartende, zurückkehrende Beurlaubte) für einen Einsatz zur Verfügung steht, soll die Stelle zeitnah extern ausgeschrieben werden.

Da in den kommenden Jahren mit einem weiteren Anstieg der Einbürgerungszahlen gerechnet wird, wurde zudem im Rahmen des Doppelhaushaltes 2023/2024 ein entsprechender Bedarf zur Verstetigung der beiden oben genannten befristeten Stellen angemeldet.

  1. Rechnet die Stadtverwaltung durch die geplante Liberalisierung des Einbürgerungsrechts durch die Bundesregierung mit einer weiteren Antragswelle? Gibt es schon Planungen, wie dieser begegnet werden kann?

Der Bund hat angekündigt, das Staatsangehörigkeitsrecht gänzlich zu reformieren und die Möglichkeit der doppelten Staatsangehörigkeit generell einzuführen. Für viele Personen dürfte aktuell noch einer der wenigen Hinderungsgründe für die Einbürgerung der Verlust der bisherigen Staatsangehörigkeit sein. Sollte diese künftig generell beibehalten werden können, so gäbe es für viele dieser Personen keinen Grund mehr, von einer Einbürgerung Abstand zu nehmen.

Sollte dies mittelfristig zu einem weiteren starken Anstieg der Fallzahlen führen, wäre ggf. nachzusteuern.

Es ist hierbei jedoch zu befürchten, dass erneut eine gesetzliche Änderung auf Bundesebene zu einem erhöhten Verwaltungsaufwand auf kommunaler Ebene führt, ohne dass hierbei entsprechend dem Konnexitätsprinzip Regelungen zur Kostenerstattung getroffen und dadurch kommunale Gestaltungsspielräume weiter reduziert werden.

Aus Sicht der Verwaltung wäre es daher wünschenswert, wenn Gesetzesreformen, die im Rahmen der Auftragsverwaltung zu höheren Fallzahlen und somit zu einem erhöhten Personalaufwand führen, auch entsprechende Regelungen zur Kostenerstattung beinhalten würden.

  1. Gibt es konkrete Beratungsangebote für Menschen, die eine Einbürgerung in Erwägung ziehen?

Das aktuell mit 3,25 VZÄ besetzte Fachteam Einbürgerung kann lediglich eine Grobsichtung der Terminanfragen gewährleisten. Hierzu werden die wichtigsten Eckpunkte der jeweiligen Anfragen (bisherige Aufenthaltszeit, wirtschaftliche Situation, Bezug von öffentlichen Leistungen, etc.) angeschaut und dann beurteilt, ob diese Voraussetzungen in absehbarer Zeit bzw. zum Zeitpunkt des Einbürgerungsantrags erfüllt sein werden oder bereits erfüllt sind. In Ausnahmefällen wird hierzu nochmals explizit bei den jeweiligen Personen nachgefragt. Vieles, was einer Einbürgerung grundsätzlich entgegensteht, kann jedoch im Vorfeld nicht geprüft werden. Beispiele hierfür sind Strafverfahren oder Jobverlust.

Eine umfassendere Beratung im Vorfeld zu den Einbürgerungsvoraussetzungen wird vor allem durch die Migrationsberatungsstellen (MBE) der freien Träger übernommen. Daher wurden in der Vergangenheit Schulungen zum Staatsangehörigkeitsrecht für die MBE durchgeführt. Die letzte Schulung erfolgte durch die Fachkoordinatorin des Teams Einbürgerung im Jahre 2021.