Der Bedarf an Inklusionsplätzen an Freiburger Schulen nimmt insbesondere für den Bereich der geistigen Entwicklung immer mehr zu. Nachdem eine Sonderschule für diesen Bereich erfolgreich abgewehrt werden konnte, ist es folgerichtig, dass wir nun mehr Inklusionsangebote einfordern. Deshalb haben wir mit vielen anderen Fraktionen einen Antrag gestellt:

Antrag nach §34 GemO zur Tagesordnung des Ausschusses für Schulen und Weiterbildung

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Horn,sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Stuchlik,

Inklusion wurde im April 2009 zu einer gesetzlichen Verpflichtung, die sich aus der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen und aus dem Grundgesetz ergibt. Dieses Recht auf Teilhabe fand 2015 mit der Änderung des baden-württembergischen Schulgesetzes, der Öffnung der Regelschulen für Kinder mit Behinderung und der Abschaffung der Sonderschulpflicht Eingang in das Schulsystem. Laut aktueller Studie der Bertelsmann-Stiftung liegt die Quote der Inklusion in Baden-Württemberg jedoch mit 36% deutlich unter dem Bundesdurchschnitt (43%) und die „Exklusionsquote“ (Schüler*innen an Sonderschulen) mit 4,8% bundesweit an der Spitze. Lehrende und Eltern kritisieren besonders Beratungsstrukturen und fehlende, gleichwertige Angebote für eine inklusive Beschulung an Regelschulen.

Die Stadt Freiburg war schon früh eine der baden-württembergischen Schwerpunktregionen für den Schulversuch „Schulische Bildung von jungen Menschen mit Behinderung“. Mit der Einrichtung der Projektgruppe für Inklusion im ASB und der Aus- und Weiterbildung von Fachkräften hat die Stadt weitere, wichtige Schritte in Richtung Schulische Inklusion unternommen. Jedoch ist vor allem an weiterführenden
Schulen der Bedarf größer als das Angebot.
Um dem steigenden Bedarf, insbesondere im Förderbereich Geistige Entwicklung (Gent), gerecht zu werden, beantragen wir, das Thema „Schulische Inklusion in Freiburg“ auf die Tagesordnung des Ausschusses für Schulen und Weiterbildung (ASW) zu setzen. Wir beauftragen die Stadtverwaltung in Kooperation mit dem Regierungspräsidium, dem staatlichen Schulamt, der Bildungsregion Freiburg und den Schulen in
freier Trägerschaft einen Fahrplan zur schulischen Inklusion zu entwickeln. Hierbei sollen folgende Punkte berücksichtigt werden:

  1. Zielformulierung und Erstellung eines Maßnahmenplans für die schulische Inklusion in Freiburg (in Kooperation
    mit dem staatlichen Schulamt). Hierbei sollen Elternwünsche und Schulen in freier Trägerschaft
    einbezogen und die Zielerreichung in einem regelmäßigen Monitoring überprüft werden. Wichtig
    ist uns, dass Eltern auch an öffentlichen Schulen ein umfangreiches Inklusionsangebot vorfinden.
  2. Verbesserung der Beratungsstrukturen für Eltern an den Übergängen Kita/Schule, den Grundschulen und
    den Übergängen Grundschule/weiterführende Schule mit dem Ziel, Eltern so zu beraten, dass sie eine
    adäquate Entscheidung treffen können, welche Schulform für ihr Kind die richtige ist.
  3.  Ausbau kooperativer Organisationsformen an Regelschulen und deren Weiterentwicklung zur vollen
    Inklusion. Standorte kooperativer Organisationsformen sollen zu inklusiven Lernorten weiterentwickelt
    und inklusive Ganztags- und Betreuungsangebote an der jeweiligen Regelschule mit qualifiziertem
    Personal bereitgestellt werden.
  4.  Aufstockung kommunaler Lernbegleiter*innen in Unterricht und Schulkindbetreuung mit dem Ziel einer
    dauerhaften Doppelbesetzung, auch in bestehenden Inklusionsklassen an Grundschulen.
  5.  Freiburg gemeinsam mit dem Land, dem Regierungspräsidium und dem staatlichen Schulamt zu einer
    „Modellkommune schulische Inklusion“ weiterentwickeln
  6. Die weiterführenden Schulen am Tuniberg und in Dietenbach als inklusive Schulstandorte planen
  7. Die Stadt verbessert im Rahmen ihrer Möglichkeiten die Situation an den Sek II- und berufsbildenden
    Schulen in Freiburg, sodass an jeder Freiburger Schule Inklusion möglich wäre.
  8. Ausbau und Weiterentwicklung gut funktionierender Inklusionsangebote sowie die Intensivierung der
    Kooperation zwischen öffentlichen und privaten Schulen im Bereich Inklusion
  9. Darstellung, wie viele Kinder in Freiburg an Schulen in freier Trägerschaft inklusiv beschult werden
    und wie vielen von ihnen zuvor kein inklusives Angebot an einer öffentlichen Schule unterbreitet werden
    konnte. Prüfung, ob Schulgeld an Schulen in freier Trägerschaft ganz oder in Teilen für die inklusive
    Beschulung übernommen werden kann, sofern an einer öffentlichen Schule kein inklusives Bildungsangebot
    bereitgestellt werden kann. Dies darf aber nur eine Übergangslösung für die Zeit sein, in
    der die staatlichen Schulen die entsprechenden Maßnahmen umsetzen, um bei Wunsch die inklusive
    Beschulung zu ermöglichen.
  10. Zeitnahe Umsetzung eines Poolings, also einer Bündelung der individuellen Eingliederungshilfe.
  11. Verbesserung des Übergangs Schule/Beruf: Abbau von Barrieren für Jugendliche und junge Erwachsene
    insbesondere im Förderbereich „Geistige Entwicklung (Gent)“, Klärung der Schnittstellen, professionelle
    Begleitung von Schul- und Berufswegeketten, z.B. durch Case-Management von den ersten
    Schritten der Berufsorientierung bis hin zu einer ersten Ausbildung oder beruflichen Grundbildung.
  12. Intensivierung der Öffentlichkeitsarbeit und Bewusstseinsbildung für schulische Inklusion: ASB und
    staatliche Schulverwaltung sollen hierfür gemeinsam mit Schulen, Lehrkräften und Eltern- und Schüler*
    innenvertretung ein Konzept erstellen. Bei der Besetzung von Schulleitungsstellen sollte die Inklusion
    als fachliches Kriterium stärker mit einbezogen werden.

Mit freundlichen Grüßen und vielem Dank
Nadyne Saint-Cast, stellv. Fraktionsvorsitzende GRÜNE
Pia Maria Federer, Stadträtin GRÜNE

Monika Stein, Fraktionsvorsitzende ESFA
Angelina Flaig, Stadträtin ESFA

Julian Bender, stellv. Fraktionsvorsitzender SPD/Kulturliste
Stefan Schillinger, stellv. Fraktionsvorsitzender SPD/Kulturliste

Ramon Kathrein, stellv. Fraktionsvorsitzender JUPI
Maria del Mar Mena Aragon, stellv. Fraktionsvorsitzende JUPI

Claudia Feierling, Stadträtin FDP/BFF