Medienberichten zufolge werden Kinder und Jugendliche, die in Pflegefamilien untergebracht sind, an den dafür entstehenden Kosten mit ihrem Einkommen aus Ferien- und Gelegenheitsjobs beteiligt. Wir wollten daher von der Verwaltung wissen, wie die Situation in Freiburg aussieht und haben dazu folgende Antworten bekommen:

Es ist zutreffend, dass sich junge Menschen, die im Rahmen des SGB VIII vollstationäre Leistungen außerhalb des Elternhauses erhalten, aus ihrem Einkommen an den entstehenden Kosten beteiligen müssen. Den Umfang des sogenannten Kostenbeitrages regelt die Vorschrift des § 94 Abs. 6 SGB VIII. Diese sieht vor, dass der junge Mensch nach Abzug eines Freibetrages von 25 % den übersteigenden Betrag vollumfänglich einsetzen muss. Die weiteren Regelungen zum Kostenbeitrag sehen u.a. vor. dass dieser im Verhältnis zum Verwaltungsaufwand stehen muss oder dass dessen Festsetzung Ziel und Zweck der pädagogischen Leistung entgegenstehen könnte (§ 92 Abs. 5 SGB VIII). Im Übrigen gilt der Grundsatz der Gleichbehandlung

Wie viele Kinder in Freiburg betrifft dieses Gesetz?

ln Freiburg befinden sich (Stand 31.12.2018) 374 junge Menschen in grundsätzlich kostenbeitragspflichtigen Hilfen. Wie viele tatsächlich einen Kostenbeitrag leisten müssen ist kein statistisches Merkmal und wird deshalb nicht auswertbar erhoben.

Wie geht das Freiburger Jugendamt mit dieser Situation um?

Unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtslage (der Gesetzgeber hat die beschriebene Problematik erkannt und visiert eine Änderung des § 94 Abs. 6 SGB VIII an) und den Empfehlungen des Landesjugendamtes, hat die Verwaltung für die Kostenbeteiligung von jungen Menschen nach den §§ 91 ff SGB VIII folgende Regelungen getroffen:

Ferien-‚ Schüler-/Neben-/Gelegenheitsjob (§ 94 Abs. 6 SGB VIII)

Folgendes Einkommen aus einer o. g. Erbstätigkeit innerhalb eines Monats bleibt für den Kostenbeitrag (immer) unberücksichtigt:

1. Einkommen aus Schülerjobs, Nebenjobs oder Praktika mit einer Vergütung bis zur Höhe von 150 € monatlich.

2. Einkommen aus Ferienjobs zweimal im Kalenderjahr bis zu einer Dauer von jeweils maximal vier Wochen bis zur Höhe von jeweils 400 € oder einmal im Kalenderjahr bis zu einer Dauer von maximal sechs Wochen bis zur Höhe von 800 €. Die Freigrenzen können auch parallel zum Einsatz kommen.

Beispiel: ein Schüler trägt ganzjährig jede Woche einmal Zeitungen aus und arbeitet in den Ferien in einem Supermarkt. Für das Einkommen aus Zeitungsaustragen gilt die Freigrenze in Höhe von 150 €, für den Ferienjob im Supermarkt die 400 € bzw. 800 € Freigrenze. Diese Regelung gilt auch, wenn Ferien- und Gelegenheitsjob beim gleichen Arbeitgeber stattfinden (Beispiel: Schülerin hilft 1 Std. pro Woche in einer Bäckerei aus (= Gelegenheitsjob) und in den Ferien hilft sie bei der gleichen Bäckerei 10 Std. pro Woche aus (= Ferienjob). Folglich kann die in den Medien dargestellte Problematik in Freiburg nicht auftreten, weil durch den verbleibenden Sockelbetrag die Leistung des jungen Menschen Anerkennung findet. Die Anreizfunktion ist gestärkt, da dem jungen Menschen auch die Möglichkeit eröffnet wird, Ansparungen zu leisten.

Wie hoch sind die durch diese Regelung erzielten Einnahmen imVerhältnis zum Verwaltungsaufwand?

Wie unter Ziffer 1 bereits dargestellt, erfolgt keine gesonderte Erhebung der Kostenbeiträge junger Menschen, die sich mit dem Aufwand der Verwaltung in ein aussagekräftiges Verhältnis setzen ließe.

Wie viele Ausnahmen, beispielsweise zum Ansparen auf einen Führerschein oder ein Fahrzeug, wurden im letzten Jahr erteilt?

Aufgrund der zu Frage 2 dargestellten Regelungen bedarf es keiner weiteren Ausnahmeregelungen. lm Übrigen besteht die Möglichkeit, die Kosten z.B. eines Führerscheines aus Mitteln der Jugendhilfe zu bezuschussen.

Wie viel Spielraum gibt es, um dieses Gesetz möglichst zu Gunsten der Betroffenen auszulegen? Inwieweit nutzt das Jugendraum die Härtefallregelung nach §92 Abs. 5 SGB VIII?

Der sich aus den gesetzlichen Bestimmungen ergebende Spielraum ist in die unter Ziffer 2 dargestellten Regelungen bereits eingeflossen. Damit ist die Wahrscheinlichkeit, über die Härtefallregelung des § 92 Abs. 5 SGB VIII eine Reduzierung des Kostenbeitrages vornehmen zu müssen, deutlich reduziert. Sie findet aber dann Anwendung, wenn das Ergebnis der Kostenbeitragsberechnung der Intention des Gesetzgebers zuwiderlaufen und im Einzelfall zu einem unangemessenen Ergebnis führen würde.

Hier findet sich unsere Anfrage: https://jupi-freiburg.de/anfrage-zur-situation-von-pflegekindern-die-in-einrichtungen-oder-gastfamilien-untergebracht-sind-und-sich-ein-kleines-taschengeld-hinzuverdienen/