Am 08.09.23 hatte die Stadt nach einem Aufruf auf Telegram in der gesamten Innensatdt und am Lederleplatz das „Cornern“ verboten.Wir haben diese Allgemeinverfügung stark kritisiert und für mehr Transparenz ein paar Fragen an die Verwaltung gestellt. Die Antworten liegen uns nun vor. Interessant ist dabei die tolle Definition des „Cornerns“: Laut Stadt stellt Cornern auf  das gezielte und vorsätzliche Stören der Nachtruhe und Begehung von Ordnungsstörungen ab und ist daher mehr als ein normales Beisammensein und Trinken. Daher Achtung in der zukünftigen Wortwahl!

Hier die Antworten der Verwaltung auf unsere Fragen:

Einzelanfrage nach § 24 Abs. 4 GemO zu Sachthemen außerhalb von Sitzungen- Erlassene Allgemeinverfügung am 08.09.2023

 

Sehr geehrte Frau Stadträtin, sehr geehrter Herr Stadtrat

vielen Dank für Ihre Anfrage an Herrn Oberbürgermeister Horn vom 13.09.2023 nach 24 Abs. 4 GemO zu Sachthemen außerhalb von Sitzungen zur erlassenen Allgemeinverfügung am 08.09.2023, die ich zur zuständigen Prüfung und Beantwortung erhalten habe. Anhand der mir vorliegenden Informationen des Amtes für öffentliche Ordnung kann ich Ihre Frage wie folgt beantworten:

Ist es korrekt, dass am 08.09.23 19:30 bis 09.09.23 06:00 Uhr in der Innenstadt alle Aktivitäten verboten waren, die sich unter dem Begriff „Cornern“ subsumieren lassen?

Das ist korrekt. Laut Allgemeinverfügung waren in der Zeit vom 08.09.2023, 19.30 Uhr bis zum 09.09.2023, 06.00 Uhr in der Innenstadt sowie auf dem Lederleplatz in Freiburg i. Br. die für 08.09.2023 ab 19.30 Uhr angekündigten Aktivitäten unter der Bezeichnung „Cornern“ untersagt.

Wurde bislang schon ein Widerspruch gegen die Allgemeinverfügung eingelegt?

Nach Rückmeldung des Amtes für öffentliche Ordnung bisher nicht.

Der Begriff des „Cornern“ ist auch in der Allgemeinverfügung recht breit definiert und unbestimmt. Wie lässt sich in dieser Unbestimmtheit eine Unterscheidung zwischen dem bloßen Aufenthalt im öffentlichen Raum (Beisammensein und Trinken an einer Straßenecke) und der von der Stadt angenommenen Gefahr für das Gemeinwesen oder Einzelnen unterscheiden?

Nach den bisherigen ähnlichen Aufrufen im Internet wurde der Begriff „cornern“ für das gezielte und vorsätzliche Stören der Nachtruhe und Begehung von Ordnungsstörungen verwendet, im Gegensatz zu einem „normalen“ Beisammensein im öffentlichen Raum. Den entsprechenden Aufrufen ist zu entnehmen, dass damit bezweckt wird, sich zum gemeinsamen Trinken zu treffen und dabei mit der eigenen Lautstärke bzw. Musikgeräten die Nachtruhe bewusst und gewollt zu stören. Dies unterscheidet das sog. „cornern“ von anderen gemeinsamen Aufenthalten im öffentlichen Raum, von denen u.U. ebenfalls Ruhestörungen oder andere Ordnungsstörungen ausgehen können, die dann aber nicht das eigentliche Ziel der Zusammenkunft darstellen. Diese Definition des mit der Allgemeinverfügung untersagten Verhaltens ergibt sich aus deren Tenor in Verbindung mit der Begründung. Im konkreten Fall war über das Internet die kurzfristige Bekanntgabe eines genauen Treffpunkts angekündigt worden. Wäre dies erfolgt, dann hätte der angegebene Treffpunkt zur konkreten Uhrzeit im Hinblick auf Verstöße gegen die Allgemeinverfügung gezielt kontrolliert werden können.

Welche milderen Mittel als den Erlass einer Allgemeinverfügung hat die Stadt geprüft und welche Begründungen sprechen jeweils gegen diese?

Als milderes Mittel wären im Falle solcher gezielten und gewollten Ordnungsstörungen auch polizeiliche Einzelmaßnahmen – von der einfachen Ansprache bis hin zu Platzverweisen – in Betracht gekommen. Nach den bisherigen Erfahrungen (siehe Vorkommnisse vom 09.06.2023 auf den 10.06.2023 auf dem Lederleplatz sowie Aufruf für den 15.07.2023) ist aber eine solche Lage schwerer zu kontrollieren oder aufzulösen, wenn erstmal eine größere Teilnehmerzahl vor Ort ist und sich das Geschehen verfestigt hat. Die Allgemeinverfügung war daher jedenfalls aus der hier maßgeblichen ex ante Sicht geeignet und erforderlich, um die Polizei und den Vollzugsdienst in die Lage zu versetzen, bereits frühzeitig intervenieren zu können.

Warum wurde die Begründung der Allgemeinverfügung nicht online veröffentlicht und war nur im Rathaus im Stühlinger einsehbar bzw. musste per Mail angefordert werden?

Dies beruht auf § 41 Abs. 4 VwVfG, wonach (nur) der verfügende Teil (= Tenor) bekannt zu machen ist. Gerade bei Eilbekanntmachungen dient diese Möglichkeit auch der zeitnäheren Veröffentlichung, da damit erleichterte Formvorschriften einhergehen. Unabhängig von der gesetzlich vorgeschrieben Möglichkeit, den Volltext (nur) einsehen zu können, wird grundsätzlich in solchen Fällen, so auch hier, auf Anforderung die vollständige Allgemeinverfügung per Mail übersandt.

Warum wurde die Allgemeinverfügung, obwohl schon am 07.09.23 erlassen, erst am 08.09. gegen 13:20 Uhr per Pressemitteilung einem breiteren Kreis der Öffentlichkeit zugänglich gemacht?

Die Allgemeinverfügung wurde am Nachmittag des 07.09.2023 erlassen. Die entsprechende Pressemitteilung erforderte noch die Abstimmungen mit weiteren Stellen, konnte dann aber am Vormittag des Folgetages herausgegeben werden. Dies bedeutete einen nicht vermeidbaren, aber im Ergebnis nur geringen zeitlichen Versatz zwischen Bekanntmachung der Verfügung und Herausgabe der Pressemeldung.

Plant die Stadt auch zukünftig bei ähnlichen Ankündigungen Allgemeinverfügungen mit großem Geltungsbereich zu erlassen?

Es ist immer im Einzelfall und in Abstimmung mit der Polizei anhand der jeweiligen konkreten Umstände zu prüfen, ob überhaupt Maßnahmen ergriffen werden sollen und welche Maßnahme im Einzelfall verhältnismäßig ist.