Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

Stadtrat Simon Waldespuhl, Urbanes Freiburg

wir werden heute der Vorlage und somit auch dem Kauf der Entwicklungsmaßnahme Dietenbach zustimmen.

Wir freuen uns, dass die Stadt hier so mutig voran geht, um der nicht enden wollenden Verteuerung von Wohnraum Einhalt zu bieten. Es ist mutig, denn das Finanzvolumen von Stand heute über 1,2 Milliarden Euro für die Gesamtmaßnahme Dietenbach, in dem auch die Übernahme der EMD einkalkuliert ist, stellt natürlich ein nicht unerhebliches Risiko für den kommunalen Haushalt da.

Dem schließt sich zu Recht die Frage an, wie sich bei so rasanten Kostensteigerungen im Material und dann parallel dazu bei dem Preis für Grund und Boden noch ausreichend bezahlbarer Wohnraum realisieren lässt. Und genau das soll ja die Aufgabe des neuen Stadtteils sein.

Wenn wir mal in die im vergangenen Winter veröffentlichte Wohnraumanalyse schauen, dann sagt uns diese ziemlich genau folgendes:

Die Bevölkerung Freiburgs wächst stetig und schnell. Damit steigt der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum auch stetig und schnell. Und selbst wenn wir alle Bauprojekte, und das schließt Dietenbach mit ein, bis 2040 realisieren werden, dann werden wir trotzdem noch nicht genug bezahlbaren Wohnraum geschaffen haben.

Das sind die wissenschaftlichen Prognosen. Laut der Analyse ist es nämlich so, dass wir eigentlich eine Quote von 77 Prozent geförderten Wohnraum bräuchten, um die Bedarfe adäquat zu decken.

Deshalb ist es für unsere Fraktion völlig selbstverständlich, dass 50 Prozent geförderter Mietwohnungsbau nur die absolut minimale Untergrenze sein kann für die Entwicklung des Stadtteils Dietenbach. Ein weiterer Aspekt den die Wohnraumanalyse wissenschaftlich herausgearbeitet hat: dass der freie Markt in Freiburg den Bedarf an bezahlbarem Wohnraum nicht decken kann und wird. Das bestärkt unsere Fraktion in unseren Grundannahme, dass nur mit starker Marktregulierung erfolgreich Wohnungsnot bekämpft werden kann.

Mit dem Kauf der Entwicklungsmaßnahme schaffen wir auch hier genau die Voraussetzungen für eine gute politische Steuerung. Und das, obwohl wir selbstredend ein gewissen Teil der Grundstücke verkaufen müssen um den Stadtteil zu finanzieren.

Denn nun können wir als Gemeinderat und Stadtverwaltung uns in Ruhe hinsetzen, alle Bedarfe ermitteln und dann und die Flächen aussuchen, auf denen wir gedenken diese zu erfüllen. Und Bedarfe gibt es zu genug in unserer wachsenden Stadt. Neben günstigen Mietwohnungen brauchen wir dringend nämlich auch Kleinstwohnungen. Zum Beispiel für Obdachlose, damit wir perspektivisch aufhören können, obdachlose Menschen in überfüllten Containeranlagen unterzubringen. Oder Raum für junge Menschen, die in Freiburg in Obhut genommen werden, oder Raum für alleinerziehende Frauen, oder einen Ausbau der Frauenhausplätze und vieles mehr.

Und wir können unseren neuen Gestaltungsspielraum auch dazu nutzen, innovativ und mutig neue Konzepte des Zusammenlebens auszuprobieren. Zum Beispiel beim Thema Nachhaltigkeit bewegt sich gerade recht viel. Carsharing, Bikesharing, das Teilen von Gärten, Werkstätten, Arbeitsplätze, Gerätschaften für Küche und Garten, dem öffentlichen Raum, da passiert gerade sehr viel und je mehr Gestaltungsspielraum wir haben, desto besser und zielgenauer können wir hier politisch an einem modernen, nachhaltigen Stadtteil der Zukunft arbeiten.

Deshalb unterstützen wir auch den Änderungsantrag der Grünen.

Angst macht uns aber wie viele andere auch die Kostensteigungen der letzten zwei Jahre. Denn die Frage, wer sich am Ende, das überhaupt leisten können wird hier zu bauen habe ich ja schon aufgeworfen. Ehrlich gesagt, weiß ich dafür im Moment auch keine gute Lösung.

Aber folgende Überlegungen:

  1. Das Thema bezahlbarer Wohnraum ist ja nicht nur in Freiburg auf dem Tableau. Es fehlt bundesweit an bezahlbarem Wohnraum. Bund und Land können die Kommunen hier nicht im Stich lassen. Es wird sicher in naher Zukunft weitere finanzielle Förderungen geben.
  2. Die Baupreise werden nicht unermesslich steigen können. Auch hier kann es in den kommenden Jahren eine gegenläufige Entwicklung geben.
  3. Die Kostenexplosion hätte so niemand voraussehen können. Auch wir können das an diesem Punkt schlichtweg nicht machen.

Das Thema Wohnungsnot bleibt aber unberührt von diesen Entwicklungen. Das heißt wir haben einen politischen Auftrag hier schleunigst was zu tun.

Wenn wir einen kleinen Rückblick wagen, dann haben mit dem 50 Prozent Beschluss 2015 schon Mut bewiesen, der sich im Nachgang als einzig richtige Entscheidung erwiesen hat. Auch 2006 war die Stadtgesellschaft mutig, den Verkauf der Stadtbau abzulehnen.

Wir sollten also auch jetzt wieder mutig sein, die Herausforderung anpacken und gemeinsam daran arbeiten, diese schöne Stadt endlich mit ausreichend bezahlbarem Wohnraum zu versorgen.