Simon Sumbert Foto: Felix Groteloh

Sehr geehrter Oberbürgermeister Horn,

liebe Anwesende,

In den letzten Tagen gab es Minusgrade und der erste Schnee ist gefallen, wir haben Nikolaus gefeiert und bereits zwei Kerzen auf dem Adventskranz angezündet. Vielleicht haben die Ersten auch schon Geschenke eingekauft. In anderen Worten: Man merkt es, der Herbst kommt. Und deswegen beschäftigen wir uns heute auch mit einigen Beschlussvorlagen, die uns der Oberbürgermeister hoch und heilig für den Herbst versprochen hat.

Die Vorlagen sind wohl der Versuch einer „Antwort“ auf den politischen Druck der letzten Monate und die immer lauter werdenden Forderungen nach einer tatsächlichen Verkehrswende. Dass es bis zur tatsächlichen Realisierung dieser Verkehrswende noch ein weiter Weg ist, wird nicht nur offensichtlich, durch das, was alles nicht in den Vorlagen steht, sondern auch am politischen Prozess drum herum. Heute ist wahrscheinlich der beste Zeitpunkt, um endlich mal ausführlich auszusprechen, wo unserer Meinung nach das eigentliche Problem liegt.

Die Verwaltung will einen gemäßigten Wandel in der Verkehrspolitik dieser Stadt.

Dessen Umsetzung und insbesondere die Arbeit des GUT ist diesbezüglich auch tadellos: Bei jeder großen Baustelle wird die Situation des Radverkehr berücksichtigt und verbessert, es gibt ein grundsätzlich geniales Konzept mit den Radvorrangrouten, die immer wieder verbessert werden. Es gibt eine Lenkungsgruppe Radverkehr, die sich alle paar Monate mit den Anliegen der Radler*innen Freiburgs beschäftigt und es wird prinzipiell begrüßt, wenn Parkgebühren in angemessenen Rahmen erhöht werden und illegales Gehwegparken demnächst teurer wird.

Das Problem ist nur, die Mehrheit des Gemeinderates will keine Kurve für den Umweltverbund als Maßgabe für unsere Verkehrspolitik, sondern eine richtige, schnelle Verkehrswende. Endlich mehr Platz und Sicherheit für den FR-Verkehr, mehr Lebensqualität in öffentlichen Räumen und bessere Luft in der Stadt. Wenn man sich ausführlich mit der Thematik beschäftigt wird schnell klar, dass ein gemäßigter Wandel und eine echte Verkehrswende nicht dasselbe sind und wenn Oberbürgermeister Horn sich auf der größten Demo der Unterstützer*innen der Verkehrswende in Freiburg zum „Mitstreiter in der Sache“ erklärt, dann müssen auch Taten folgen. Und damit ist nicht nur mehr Personal für eine Beschleunigung der bisherigen Projekte gemeint, sondern eine Ansage, in welche Richtung es zukünftig gehen soll. Sonst sind solche Auftritte nicht nur unglaubwürdig, sondern es entsteht auch unweigerlich ein Konflikt, der teilweise auf den Rücken der Mitarbeiter*innen der Stadtverwaltung ausgetragen wird. Für die Zukunft sollte deshalb klar sein:

Verkehrswende muss bedeuten, dass wir den FR-Verkehr nicht nur im Rahmen von großen Bauprojekten mitdenken, sondern dass wir für ihn große Bauprojekte umsetzen und dafür auch genügend Personal uns Haushaltsmittel einstellen.

Es muss bedeuten, dass man ehrlich mit engagierten Bürger*innen umgeht, anstatt der Öffentlichkeit wochenlang aus taktischen Gründen zu verschweigen, dass ein Bürgerbegehren wahrscheinlich nicht rechtmäßig sein wird.

Und es muss bedeuten, dass man bereit ist Mobilität und öffentlichen Raum innerhalb einer Stadt ein Stück weit neu zu denken.

Deshalb sollten wir nicht weniger engagiert an den bereits geplanten, guten Projekten weiterarbeiten, aber es müssen mehr werden und wir brauchen eine Stadtverwaltung, die zu dem politischen Grundgedanken steht und sich traut auch mal ein Zeichen zu setzen.

Trotz häufiger Beschwerden, dass ein kleines Knöllchen nicht wirklich effizient ist, hat die Stadt dieses Jahr ganze vier illegal auf Gehwegen geparkte Autos abschleppen lassen, weil sie andere Verkehrsteilnehmer behinderten oder gefährdeten. Eine Mehrheit hier will, dass diese Zahl verhundertfacht wird. Wir wollen auch, dass die Stadt in Zukunft Initiativen aus anderen Städten wie z.B. PopUpBikelanes schnell aufnimmt und ernsthaft darüber nachdenkt. Vor allem aber wollen wir, dass alle 9 zentralen Forderungen des FR-Entscheids in Zukunft maßgebend sind für unsere Verkehrspolitik in Freiburg! Heute zählt es sich dazu zu bekennen, oder eben nicht. Im Haushalt müssen dann auch die Konsequenzen aus diesem Bekenntnis erfolgen.

Ein wichtiger Schritt, der jedoch bereits getan wurde, will ich hier nicht unerwähnt lassen. Ich begrüße es ausdrücklich, dass sie Herr Horn, sich an unseren Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer gewandt haben und gefordert haben, dass in Freiburg grundsätzlich Tempo 30 gefahren werden soll. Ich finde aber, dass wenn man vom Bund mehr Möglichkeiten fordert, dann muss man auch alle Optionen, die man schon jetzt hat, auch ausnutzen. Sonst wäre das ja bloße Ablenkung von den eigenen Fehlern. In dem Sinne stehen wir voll und ganz hinter Ihnen, was Tempo 30 in Freiburg angeht und mal ehrlich: Auch wenn manche wieder den Tod des Einzelhandels herbeiphantasieren, viel würde sich für Autofahrer*innen gar nicht ändern. Wir wünschen uns deshalb in Zukunft: Mehr Verkehrswende, weniger Ablenkungsmanöver! Dankeschön!