Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim hat am 19. Dezember den Eilantrag auf Außervollzugsetzung der Parkanlagensatzung abgelehnt. Das Klagebündnis ist von dieser Entscheidung enttäuscht, kritisiert diese aber gleichzeitig auch. Das Bündnis will weitere rechtliche Schritte, insbesondere einen Normenkontrollantrag in der Hauptsache prüfen. Gleichzeitig will man weiterhin auf politischem Wege gegen Missstände in der Freiburger Sicherheitspolitik vorgehen.

Maxim Kramer, Rechtsreferendar und einer der Antragsteller kritisiert die Entscheidung wie folgt:

„Die rechtliche Bewertung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg öffnet über den Fall des Musikverbots hinaus Tür und Tor für weitere Beschränkungen des öffentlichen Raums ohne vernünftigen Grund. Laut dem Gericht handelt es sich bei der Parkanlagensatzung um eine Widmungsregelung mit der Folge, dass es auf die Verhältnismäßigkeit nicht ankommen soll. Das ist mit einem effektivem Grundrechtsschutz nicht vereinbar.“

Der Kritik schließt sich David Werdermann, Rechtsanwalt und Verfahrenskoordinator der Gesellschaft für Freiheitsrechte, die den Antrag unterstützt hat, an:

„Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg verkennt die Grundrechte von Jugendlichen. Statt Musikboxen pauschal zu verbieten, genügt ein zielgerichtetes Verbot lauter Musik in der Nähe von Wohnhäusern. Damit setzt sich das Gericht nicht einmal auseinander. Gleichzeitig behauptet es, dass junge Menschen nicht auf die Parkanlagen angewiesen seien – und verkennt damit klar ihre Lebensrealität. Für Jugendliche ist der öffentliche Raum in Freiburg der einzige Ort, wo sie sich treffen und ihre Freizeit ohne Konsumzwang gestalten können.“

„Für junge Menschen in Freiburg ist die Entscheidung ein weiterer Rückschlag. Ihre Interessen wurden erst vom Gemeinderat übergangen und werden jetzt auch von dem Gericht nicht ausreichend gewichtet.“ kommentiert Aenne Wagner vom Arbeitskreis kritischer Jurist*innen (akj) und Antragstellerin im Verfahren die Entscheidung weiter.

Ungeachtet der kritikwürdigen rechtlichen Bewertung durch den VGH, erkennt das Klagebündnis aber auch positive Aspekte.

„Auch wenn unsere Klage nicht erfolgreich war, hat sie doch gezeigt, dass ein breites Bündnis aus Jugendverbänden, politischen Organisationen und aus der Zivilgesellschaft einseitige repressive Verschärfungen in der Sicherheitspolitik nicht einfach hinnimmt“, erklärt JUPI-Stadtrat Simon Waldenspuhl.

Explizit offengelassen hat der Verwaltungsgerichtshof außerdem die Frage, ob bei der Entscheidung zur Parkanlagensatzung gegen die zwingende Jugendbeteiligung verstoßen wurde. „Das Gericht schloss damit nicht aus, dass der Gemeinderat die Rechte von Kindern und Jugendlichen bei Verabschiedung des Musikverbots verletzt hat. Er prüfte dies nur nicht weiter, weil die Antragstellenden schon volljährig sind.“ ordnet Jan Rahner vom akj und Antragsteller die Entscheidung ein.

„Es ist sehr schade, dass das Gericht nicht auf die fehlende Jugendbeteiligung eingegangen ist. Damit bleiben die verbindlichen rechtlichen Maßstäbe hierfür vorerst unklar. Allgemein ist die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in Freiburg noch deutlich ausbaufähig“, findet Dorothea Schiewer vom Stadtjugendring.

Anna Wilmer, Sprecherin der Grünen Jugend Freiburg, betont: „Als politische Jugendorganisationen, die sich in den letzten Monaten insbesondere für eine aktive Jugendbeteiligung in unserer Stadt eingesetzt haben, hätten wir uns hier eine richtungsweisende Entscheidung gewünscht. Das zeigt uns erneut, dass es weiterhin Druck von unserer Seite aus braucht, der sich für die Beteiligung junger Menschen in der Freiburger Politik stark macht und wir sind froh, dass wir mit diesem Klagebündnis damit einen wichtigen Beitrag leisten.“

„Es ist erschreckend, dass in letzter Zeit repressive Elemente wie das Boxenverbot und die Erhöhung des Vollzugsdienstes, die sich gegen junge Menschen in der Stadt richten, wieder zunehmen. Dabei hat Freiburg mit den Nachtmediator*innen und Dialog auf Augenhöhe doch eigentlich sehr gute Erfahrungen gemacht“, erklärt Seren Haliloğlu von den Jusos Freiburg.

„Wir fordern OB Martin Horn und den Gemeinderat auf, statt einseitiger Machtdemonstrationen wieder den Dialog mit Vertreter*innen junger Menschen zu suchen. Statt Verschärfungen im Umgang mit jungen Menschen müssen nun endlich Angebote, wie zum Beispiel die Attraktivierung des Eschholzparks, geschaffen werden. Die Erfahrung mit den Nachtmediator*innen zeigt deutlich, dass Jugendliche und junge Erwachsene in Freiburg für Dialog und Kompromisse offen sind und nicht erst mit harter Hand zurechtgewiesen werden müssen“, so Sophia Kilian von Junges Freiburg.

„OB Martin Horn betont in der städtischen Pressemitteilung, dass er einen Ausgleich zwischen den Interessen junger Menschen und Anwohnenden suchen will. Dafür müssen jedoch auch beide Seiten adäquat eingebunden werden. Da ist auf Seiten junger Menschen bisher zu wenig passiert. Der Vorschlag abgestufte Zonen einzurichten, wurde leider übergangen. Zudem fehlt immer noch die von uns und den Trägern der Jugendbeteiligung schon lange geforderte Stelle für eine strukturierte Jugend- und Öffentlichkeitsbeteiligung“, betont Lina Wiemer-Cialowicz von der Fraktion ‚Eine Stadt für alle‘.

Ob das Bündnis weiter rechtlich gegen die Parkanlagensatzung vorgehen will, ist noch offen. „Wir werden uns die Urteilsbegründung genau ansehen und dann entscheiden, ob weitere rechtliche Schritte sinnvoll sind“, erklärt Jan Rahner vom akj.

Pressekontakt:

Simon Waldenspuhl (Fraktionsvorsitzender JUPI): simon.waldenspuhl@jupi-freiburg.de

Jan Rahner (Arbeitskreis kritischer Jurist*innen Freiburg): parkanlagensatzung@akj-freiburg.de