Gehalten in der Gemeinderatsitzung am 30.06.2020

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, 

www.jupi-freiburg.de Foto: Felix Groteloh

Vielen Dank für die ausführliche Vorlage, sie informiert breit über die Arbeit der FWTM zur Förderung der Kultur- und Kreativwirtschaft. Unserer Fraktion und auch meiner Liste Urbanes Freiburg sind der aktive Ausbau und die aktive Förderung dieser Branche ein wichtiges Anliegen.

In der Kultur und Kreativwirtschaft sehen wir ein wesentliches Zugpferd für den wirtschaftlichen Wohlstand in unserer Stadt.   So freut es mich zu lesen, dass schon heute über 10 Prozent der erwirtschafteten Einnahmen dieser Stadt aus dieser Branche kommen. 

Wer die ca. 20 Seiten Vorlage zu diesem Tagesordnungspunkt  liest, wird dabei nickend zustimmen und hinterher das Gefühl haben, dass im beschaulichen Freiburg im Bereich der Kreativ- und Kulturwirtschaft doch so ziemlich viel geht. Meine Fraktion und ich sehen hier aber durchaus noch konsequenteren Handlungsbedarf und Potentiale, welche bisher nur auf dem Papier ausgeschöpft wurden und wünschen uns mehr Mut und Sattelfestigkeit. Zu Beginn ein kleiner, aber feiner Unterschied. Unter Punkt A.2 wird im Block Kreativ- und Kulturwirtschaft vom Kreativpark in der Lokhalle und des Smart Green Accelerators geredet. Bei letzterem handelt es sich um ein Förderprogramm im Gründungsbereich der sogenannten „Green Economy“. Die Green Economy ist als solche aber nicht zwangsläufig dem klar definierten Bereich der Kultur- und Kreativwirtschaft zuzuordnen. Es mag gelegentlich Überschneidungen geben, aber hier werden zwei Bereiche vermengt, die unterschiedlich funktionieren und unterschiedlicher Förderungsmaßnahmen bedürfen. Es entsteht der Eindruck als sei hier rundum alles zusammengetragen worden, was im Umfeld des Kreativparks Freiburg passiert. Hier fehlt es an Trennschärfe. Wir wünschen uns eine genauere Analyse und Bewertung der Sachlage und eine klare Unterscheidung zwischen Gründerkultur und Kultur- und Kreativwirtschaft.

Die Bandbreite der Aufgaben, die der Popsupport bewältigen soll, ist enorm. Es wundert also kaum, dass das Priorisieren von Aufgaben, gerade, wenn nur über eine halbe Stelle verfügt wird, Teil seines Tagesgeschäfts ist. Der Grundstein, der durch die Schaffung dieser Stelle gelegt wurde, geht in die richtige Richtung. Klar ist aber auch: vor dem Kontext der omnipräsenten Raumnot, der durch Corona noch weiter verschlechterten Situation der Freiburger Clubs und Kulturstätten und dem vermehrten Bedürfnis der Freiburger Bürger*innen zur Rückeroberung des öffentlichen Raumes und der damit einhergehenden unweigerlichen Konflikte mit Anwohner*innen, muss diese Stelle unbedingt beibehalten werden. Nicht nur das, sie sollte wünschenswerterweise auch aufgestockt bzw. erweitert werden. Denn neben den verwalterischen Belangen und der Raumsuche, sehen wir die Arbeit des Popsupports auch vor Ort in der Szene. Wir wünschen uns hier, und einen Antrag werden wir dazu noch stellen, dass die Stelle aufgeht in einem kleinen Dezernat eines Nachtbürgermeisters nach Mannheimer Vorbild. Stuttgart und Heidelberg haben auch schon eine solche Stelle geschaffen, es wird Zeit, dass wir hier endlich nachziehen. Das Freiburger Nachtleben ist ein wesentlicher Wirtschafts- und Standortfaktor für unsere Stadt und dies sollte auch in der Verwaltung und der FWTM dementsprechend abgebildet werden.

Generell ist mir beim Lesen der Vorlage aufgefallen, dass Freiburg eine fundierte Vision fehlt um eine Hochburg für die Kultur- und Kreativwirtschaft zu werden. Wir befinden uns in der perfekten geographischen Lage um eine Vernetzerstadt zu sein. Aber wir sind es nicht. Und wir werden es nicht werden, wenn wir die Grünhof GmbH, die eine hervorragende Arbeit leistet, weiterhin immer als Beispiel ans Licht zerren, für alles, was sich in Freiburg in den Bereichen Gründerkultur, Innovation und Kreativwirtschaft bewegt, wenn wir diese große Aufgabe weiterhin auf einen einzelnen Player abwälzen. Wir werden es nicht werden, wenn die FWTM von Zwischennutzungskonzepten spricht, selber aber keine Vision für eine provisorische oder endgültige Nutzung einer der spannendsten Immobilien Freiburgs, der Stadthalle am alten Messplatz entwickelt. Und wir werden es auch nicht werden, wenn wir solche Formulierungen verwenden wie, ich zitiere aus der Vorlage unter Punkt 4, Film Commission Freiburg Schwarzwald: „die Stadt Freiburg kann hier eine Vorreiterrolle übernehmen“. Die Stadt Freiburg will, soll, wird eine Vorreiterrolle übernehmen! Es scheint, als versuche man sich so unverbindlich wie möglich zu artikulieren, um später nicht zur Rechenschaft gezogen werden zu können. Doch die Sprache, die wir verwenden prägt unser Denken. Weder  Visionäre noch Pioniere sind solche geworden, weil sie sich durch zaghaftes Planen und Handeln hervorgetan haben.

Wir möchten in Freiburg nicht nur auf Gegebenheiten reagieren, sondern proaktiv und mutig Wege des kulturellen Zusammenlebens erschaffen. Aber wir haben den Eindruck, dass es in Freiburg auch in der Verwaltung und in der FWTM oft noch an Mut für größeres visionäres Denken und die Idee eines Gesamtbildes fehlt. Wir werden in den nächsten Wochen dazu noch ein Konzeptpapier veröffentlichen, doch lassen Sie mich eine zentrale Forderung schon hier anbringen. 

Wir wünschen uns, dass die Stadt und die FWTM sich an einen Tisch setzen und im Dialog mit der Branche eine klares Profil für die Kreativ und Kulturwirtschaft in Freiburg erarbeiten. Hier sollen potentielle Orte wie die Stadthalle, das Schildacker oder die Kulturmeile der unteren Haslacherstraße bewertet werden, hier soll erarbeitet werden, wie Vernetzungen besser ausgebaut werden können, wo und wie Anknüpfungen an weitere Branchen wie der bereits genannten Green Economy oder auch der in Freiburg wichtigen Medizintechnik und -foschung stattfinden können, was es von Seiten der Stadt und FWTM braucht, um die Szene besser zu unterstützen sowie eine Vision entwickelt werden, wie Freiburg sich stärker in diesem Bereich profilieren kann. Aufbauend auf diesem Profil wünschen wir uns, dass die Stadt ein Referat für Kultur- und Kreativwirtschaft einrichtet, welches außerhalb der bereits gewachsenen Strukturen der Stadt, aber trotzdem innerhalb der Verwaltung aufgebaut wird und so gezielt mit den einzelnen Ämtern und der FWTM Freiburgs Kultur- und Kreativwirtschaft nach vorne treibt.