Sehr geehrter Oberbürgermeister Horn,

sehr geehrte Bürgermeisterin und Bürgermeister,

liebe Anwesende,

www.jupi-freiburg.de Foto: Felix Groteloh

die aktuelle Klimaschutzbilanz zeigt uns deutlich auf, dass die Green City Freiburg weit davon entfernt ist, die Ziele aus dem internationalen Abkommen von Paris einzuhalten. In den letzten 26 Jahren haben wir es geschafft, dass die Treibhausgasemissionen, die jeder Mensch in Freiburg verursacht um durchschnittlich 1,42% pro Jahr reduziert wurden, wobei wir seit 2008 nochmal deutlich langsamer geworden sind als dieser Durchschnitt. Im aktuellen Tempo erreichen wir unser Ziel der Klimaneutralität vermutlich im Jahr 2080. Offiziell vorgenommen haben wir uns aber das Jahr 2050. Und nötig und global gerecht wäre spätestens das Jahr 2040.

Damit wir es schaffen zurück auf einen 1,5 Grad-Pfad zu kommen, braucht es natürlich Unterstützung aus Bund, Land, Europa, der Bevölkerung und leider wohl auch aus dem Bundesverfassungsgericht. Aber selbst, wenn all das passieren sollte, liegt es an uns, Klimaschutz konkret umzusetzen. Und Dafür muss der gesamte Gemeinderat meiner Meinung nach zwei anstrengende, aber auch mutige Schritte gehen.

Der erste Schritt bedeutet: Wir müssen die Klimakrise als Krise anerkennen und aufhören, die Situation durch Nebelkerzen zu relativieren oder schön zu reden. Erst wenn wir klar aussprechen, dass es politisches Versagen und jahrzehntelange Ignoranz war, welche die Klimakrise überhaupt erst so gefährlich gemacht haben, finden wir einen Konsens, wie wir gemeinsam aus diesen Fehlern lernen und auf die Krise antworten können.

In den letzten Monaten schaffen wir es in diesem Gremium aber immer wieder Strohmänner aufzustellen, an denen wir uns lieber politisch abarbeiten, anstatt wirklich in die Gänge zu kommen. 

Im Bereich Klimaschutz lautet der prominenteste Strohmann: „Wir müssen unser Geld darauf verwenden, die Maßnahmen umzusetzen, die möglichst billig möglichst viel CO2 einzusparen.“ Die Aussage ist zweifelsohne genauso richtig, wie unkontrovers. Aber sie lenkt gnadenlos ab vom eigentlichen Problem. Den, selbst wenn wir annehmen, dass das Umweltamt bisher nicht in den allermeisten Fällen nicht sehr effiziente Projekte umgesetzt und gefördert hätte und wir ab morgen zwanzig Prozent effizienter vorgehen könnten, es wäre zu wenig. Genug Klimaschutz bedeutet „mehr“. Mehr Fördertöpfe, mehr Personal, mehr Bildungsprojekte, „Mehr“ in allen Bereichen. Wer diese Tatsache leugnet, oder davon ablenkt, anstatt endlich anzufangen, darüber zu reden, wie wir das gemeinsam trotz knappen Haushalt sozial gerecht umsetzen können, der verweigert sich einer ehrlichen Debatte um das eigentliche Problem.

Im Bereich Mobilität ist die beliebteste Nebelkerze: „Wir wollen Angebote, statt Verbote schaffen, um die Verkehrswende zu ermöglichen.“ Und ich dachte immer, nur wir Linken leben im politischen Disneyland. In der heutigen Vorlage sehen wir genau, wohin eine Politik führt, die einer Stadt Auszeichnungen einbringt, dafür dass die Radwege vergleichsweise gut ausgebaut sind, aber gleichzeitig die Parkgebühren jahrzehntelang nahezu unberührt bleiben. Sie führt zu genau null Prozent Emissionsreduzierung. Und im Übrigen ist die Stadtverwaltung bereits heute bis zur Kapazitätsgrenze mit dem Ausbau von Straßenbahnen und Radwegen beschäftigt. Auch hier stellt sich also die Frage, ob man noch mehr Geld ausgeben will um die Kapazitäten für neue Radwege zu erweitern, oder doch regulative Maßnahmen bevorzugt, um unser Emissionsproblem in den Griff zu kriegen. Selbstverständlich geht auch eine Mischung aus beiden, aber: Wer beides ablehnt, verweigert sich auch hier dem grundlegenden Problem.

Der zweite Schritt bedeutet, dass wir uns von so mancher Scheindebatten lossagen und beginnen zu handeln. Dafür braucht es transparente Kommunikation, die sich am Erreichen der Klimaziele und nicht an einzelnen Projekten auf dem Weg dorthin orientiert. Und es braucht den Willen, auch unbequeme Entscheidungen zu treffen, im Wissen, dass es zum Besten unserer Stadt ist. Das ist leichter gesagt als getan, aber was mir Hoffnung gibt ist der Eindruck, dass die Bereitschaft zu handeln unabhängig von politischer Orientierung steigt, je mehr man sich mit der Klimakrise und ihren Auswirkungen tatsächlich im Detail beschäftigt.

Schlussendlich bleibt festzuhalten, dass wir in Freiburg immer noch die Chance haben voranzugehen und Städten bundesweit, oder sogar weltweit durch Best-Practice zu zeigen, wie und das Klimaschutz kommunal geht. Und falls meine Rede jetzt noch nicht alle überzeugt hat, hab ich noch eine letzte, düstere Motivation für alle: Wenn wir diese Chance nämlich nicht wahrnehmen, dann nimmt sie am Ende Boris Palmer wahr und das kann nun wirklich niemand wollen. Dankeschön.