Sehr geehrter Oberbürgermeister Horn,

Sehr geehrte Bürgermeisterin und Bürgermeister,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

liebe Anwesende,

Wir begrüßen den Abschluss des Dialogverfahrens mit den beiden jüdischen Gemeinden in Freiburg zur Gestaltung des Erinnerungsbrunnen am Platz der alten Synagoge. Zum Abschluss dieses langen Prozesses finde ich es wichtig, gerade im Hinblick auf die öffentliche Diskussion um dieses Thema noch einmal ein paar elementare Sachverhalte zur Erinnerungspolitik in Freiburg festzuhalten.

Die gestalterischen Ergänzungen des Brunnens kosten natürlich Geld und die konkrete Summe von 500.000€ klingt auf den ersten Blick selbstverständlich sehr hoch, gerade weil nicht sicher ist, ob sie die grundlegenden Probleme des Erinnerungsbrunnen lösen werden.

Feststeht allerdings auch, dass der Erinnerungsbrunnen seit 2017 das erste, größere bauliche Mahnmal Freiburgs ist, dass an die systematische Verfolgung und den Massenmord an der jüdischen Bevölkerung während des Nationalsozialismus erinnert. Während Freiburg in den vergangenen Jahrzehnten wenig Kosten und Mühen scheute, an die Bombardierung der Stadt durch alliierte Bomberverbände zu Erinnern und zu mahnen, sparte sich die Stadt bisher die Errichtung eines solchen Mahnmals.  In diesem historischen Kontext sollte man nun auch die Kosten des Erinnerungsbrunnen betrachten.

Außerdem ist es unserer Fraktion ein Anliegen hier nochmal auf einen weiteren Umstand hinzuweisen. In der ursprünglichen Konzeption des Platzes versprach die Planung, hier einen ruhigen Ort zu schaffen, in welchem eine Erinnerung an die Verbrechen der NS Zeit so auch möglich sei. Die Realität hat den Planungen der Stadt ein Strich durch diese Rechnung gemacht, deshalb muss nun nachgebessert werden. Dies ist eigentlich ein ganz normaler Vorgang und warum dieser so emotional in Teilen der Stadtgesellschaft aufgenommen wird, hat mehr mit einer immer noch ungenügenden Auseinandersetzung mit der deutschen Vergangenheit zu tun und kaum mit den Summen, die die Stadt hier in die Hand nehmen wird um ihre baulichen Fehleinschätzungen zu korrigieren.

Wir stehen deshalb voll und ganz hinter den jetzt zu beschließenden und auch möglicherweise noch kommenden Maßnahmen um dem doppelten Charakter des Platzes, als urbane Stadtmitte und Ort der Erinnerung gerecht zu werden.

Seit einigen Jahren steigt die Anzahl an antisemitischen Übergriffen in Deutschland beharrlich an, die Ereignisse der letzten Woche sind dafür ein weiterer Beleg. Antisemitismus zeigt sich aber nicht nur an den linken und rechten Rändern der Gesellschaft, sondern ist leider auch in ihrer Mitte mehr oder weniger versteckt verankert.

Im Vorfeld dieser Sitzung berichtete beispielsweise die Badische Zeitung über die Umgestaltung des Brunnens. Als Reaktion kommentierten einige Bürger*innen unter großem Zuspruch beispielsweise: „Lächerlich. Man kann auch baden und Gedenken.“ Oder „Ich hoffe, das zahlen die jüdischen Gemeinden!“ 

Die Antwort auf solche ignoranten und immer mehr Beachtung findenden Phrasen, kann nur sein, dass man auf der einen Seite entschlossen gegen jeden Antisemitismus steht und nicht wegsieht, auch nicht im Internet. Das gilt übrigens besonders für Menschen wie uns als gewählte Vertreter*innen im Freiburger Gemeinderat.

Auf der anderen Seite zeigt diese Debatte die Wichtigkeit weitere  Bildungs- und demokratiefördernden Maßnahmen, im Bereich Erinnerungskultur und antisemitismuskritischer Bildung . Ein erster wichtiger Schritt wäre zum Beispiel, für das kommende NS-Dokumentationszentrum keinen Eintrittspreis zu verlangen, aber eben auch konsequent eine aktive Erinnerungspolitik weiter zu verfolgen.

Aktive Erinnerungspolitik bedeutet einen engen Dialog mit den jüdischen Gemeinden zu pflegen und ich hoffe sehr, dass dieser, auch nach Beendigung des offiziellen Verfahrens bei zukünftigen Projekten nicht verloren geht. Wenn der Gemeinderat heute dem Ende des offiziellen Dialogverfahrens zustimmt, dann hoffe ich, dass alle Beteiligten zwei Erkenntnisse aus diesem langen Prozess mitnehmen können. 

Erstens: Gerade bei solchen geschichtsträchtigen Orten ist ein sensibler Umgang und ernsthafterer Dialog mit allen Akteuren während und nicht nach der Planung immens wichtig.

Und zweitens: Gerade im Hinblick auf die partielle Unzufriedenheit der jüdischen Gemeinden mit der aktuellen Lösung rund um die Sichtbarkeit der Namen der jüdischen Opfer, sollten wir feststellen, dass der Weg hin zu einer stetigen und angemessenen Auseinandersetzung der Stadt Freiburg mit ihrer NS-Vergangenheit noch lange nicht zu Ende, sondern ein andauernder Prozess ist.