Sehr geehrter Oberbürgermeister Horn,

sehr geehrte Bürgermeisterin und Bürgermeister,

liebe Anwesende,

Nachdem die Coronapandemie vor zwei Jahren unsere schon damals schwierige Haushaltssituation nochmals drastisch verschlechterte und uns im Rahmen des Haushalts zu vielen, schmerzhaften Entscheidungen zwang, gab es in den letzten Wochen endlich mal wieder positive Nachrichten für die finanzielle Lage der Stadt.

Trotz der andauernden Krise, profitieren wir von einem rekordverdächtigen Zuwachs an Gewerbesteuereinnahmen und zusammen mit den gestiegenen Zuweisungen durch Land und Bund an die Stadt schaffen uns diese Mehreinahmen mehr Luft und Gestaltungspielraum für die Zukunft der Stadt. Die von der Stadtverwaltung vorgeschlagenen Mehrausgaben erachtet unsere Fraktion als sinnvollen ersten Schritt, denn sie konsolidieren uns in Bereichen, die von der Pandemie besonders stark betroffen sind.

Was uns aber fehlt, sind Maßnahmen, die angesichts der aktuellen Preissteigerungen und den Auswirkungen der Pandemie sozial wirken und möglichst direkt bei den Menschen ankommen.

In diesem Sinne möchte ich die vielen Anträge der Fraktion kurz politisch einordnen.

Die Grünen und mit Abstrichen die CDU vertreten das Team Vorsicht, dass sich zwar über die Mehreinnahmen freut, möchte aber angesichts der Tatsache, dass die Gewerbesteuer im Vergleich zu anderen Steuern relativ stark schwankt und wir  selbst mit den aktuellen Mehreinnahmen streng genommen nur „weniger“ Schulden machen, keine neue laufenden Kosten beschließen will. Diese würden uns insbesondere dann belasten, wenn der aktuelle Lichtblick durch die Gewerbesteuern sich nur als kurzes Strohfeuer herausstellt. Man muss diese Position nicht teilen, wir tun das auch ganz bestimmt nicht in Gänze, aber sie ist kohärent. Zumindest solange man dann auch keine teuren ÖPNV-Würste für den Einzelhandel in das politische Schaufenster hängt.

Auf der anderen Seite steht das Team soziales Gewissen vertreten durch die ESFA-Fraktion, insbesondere wenn es um das Thema der Weitergabe von Tariferhöhungen geht. Im Rahmen der Notsituation, in der wir uns während des letzten Haushaltverhandlungen befanden, haben wir beschlossen, dass die Stadt Freiburg die regelmäßigen Tariferhöhungen im Kultur- und Sozialbereich nicht weitergeben kann ohne den Haushalt zu sprengen. Eine Entscheidung, die insbesondere diejenigen getroffen hat, die während der Pandemie in erster Reihe essentielle Arbeit geleistet haben, während viele von uns im Homeoffice waren. Der Beschluss war für unsere Fraktion der schmerzhafteste im gesamten Haushalt und er wurde uns gegenüber auch nie damit begründet, dass wir unser strukturelles Defizit im Haushalt auf dem Rücken dieser Leute beheben wollen, sondern dass es in der damaligen Situation die einzige, gangbare Option war.

Eine Situation, die sich aber mittlerweile geändert hat und daher komme zu dem Schluss, dass auch die Position für die Weitergabe der Tariferhöhungen zwar ein großes finanzielles Risiko darstellt, weil ein zusätzlicher laufender Kostenpunkt die zukünftigen Haushalte stark belasten würde, aber auch eine dringend notwendige soziale Entlastung wäre und in sich schlüssig ist.

Meine Fraktion hat sich in unserem Antrag für einen Mittelweg entscheiden. Wir sehen, dass die aktuelle wirtschaftliche Situation unsicher ist, aber gleichzeitig reicht ein Blick in die Badische Zeitung um zu erkennen, dass der Wirtschaftsstandort Freiburg krisenfester und zukunftsorientierter ist, als er manchmal geredet wird. Zwischen Jobrad, das zum x-ten Mal hintereinander Preise als Jobmotor in der Region verliehen bekommt, Pfizer, die die Anzahl der Mitarbeitenden im Standort Freiburg in den nächsten Monaten um 25% aufstocken wollen und Intiuitive Surgical, einem ganz großen Player in der Medizintechnikbranche, der sich entschlossen hat sich hier anzusiedeln, erkennen wir trotz Schwankung und Unsicherheit einen klaren, positiven Trend für die Gewerbesituation in Freiburg. Unter Berücksichtigung dieser Perspektive halten wir es für durchaus angebracht, den damaligen Beschluss des Gemeinderates die Tariferhöhungen nicht weiterzugeben, teilweise zurückzunehmen und zumindest die zweite Runde der Erhöhungen an freie Träger weiterzugeben.

Was für unsere Fraktion hingegen vollständig unverständlich sind die Anträge der SPD. Eine Fraktion, die noch in ihrer Haushaltsrede betont hat, dass die de-facto Kürzungen im Sozialbereich den größten Wermutstropfen darstellt und dann trotz 50 Millionen Euro Mehreinnahmen keinen einzigen Antrag stellt, um diesen Wermutstropfen wieder wettzumachen ist unglaubwürdig. Und die Tatsache, dass in anderen Anträgen eine ganze Reihe von Projekten gefordert werden, die sowohl Investitionen als auch laufende Kosten erhöhen würden, beschert ihnen die Unterstützung der Abteilung Satire unserer Fraktion, die eventuell auch noch eine Seilbahn für Freiburg anregen möchte. SPD und DIE PARTEI vereint unter dem Motto „Wir haben Geld für alles – außer für Tariftreue“, das wär doch (k)ein Spaß, Dankeschön.